Vorbericht: Erfreulich gute Resonanz bei den deutschen Berglauf-Meisterschaften
Seit nunmehr zwanzig Jahren ist der Stadtteil Unterharmersbach des Schwarzwaldstädtchens Zell eine exzellente Adresse in Sachen Berg- und Trailläufen. Europameisterschaften, Masters-Welt- und Europameisterschaften, Grand-Prix-Finale, Deutsche Berglaufmeisterschaften 2002, 2005, 2012, 2020 terminiert und aber wegen Corona abgesagt – und nun 2024. Hinter dem Titel „Deutsche Berglaufmeisterschaften“ verbergen sich allerdings in der Praxis die ersten Trailmeisterschaften, denn die Streckenlängen betragen 16 km und 8,5 km und 890 bzw, 430 Höhenmetern bergauf und bergab und entsprechen keineswegs den Anforderungen für einen klassischen Berglauf. Beim TV Unterharmersbach hatte man sich 2017 vom allseits bekannten Parcours zum Brandenkopf verabschiedet und mit dem TrailRUN 21 einen wichtigen Pflock in der deutschen Trailrun-Entwicklung gesetzt.
Wegen der bereits Anfang Juni im französischen Annecy stattfindenden Off-Road-Europameisterschaften mit Berg- und Trail-Wettbewerben musste der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) allerdings einen, in der Szene heftig diskutierten, Weg zur Nominierung einer DLV-Auswahl gehen. Nauters in Südtirol, Rouffach im Elsass, Zell-Unterharmersbach und Hägendorf in der Schweiz gelten als Sichtungsläufe, um dem gebildeten Expertenteam einen Eindruck über die Leistungsstärke der Kandidaten für die EM zu geben. Gerade diese Auswahl wurde unter den Berg- und Trailläufern in Frage gestellt, schließlich war das Meldeportal beim Trail du Petit Ballon bereits frühzeitig geschlossen, mangels anderer Alternativen in der frühen Saison wurde das Skyrace über 15 km in Nauters mit der Passage des höchsten Punktes der Strecke als Kriterium für eine mögliche Nominierung gewählt – und nicht der Zieleinlauf nach Auf- und Abstiegen. Und der Tüfelsschluchtlauf in Hägendorf ist mit lediglich 500 Steigungsmetern auf acht Kilometern nicht aussagekräftig.
Und der Stellenwert der deutschen Meisterschaften? Lediglich Sichtungscharakter, so jedenfalls steht es in den Nominierungsrichtlinien. Offen gesagt, es wird eine Wundertüte sein, aus der die Mannschaft für Annecy gebildet werden wird, zumal die zuletzt bei den glanzvollen Weltmeisterschaften in Innsbruck so überzeugenden Athleten wie Laura Hottenrott oder Domenika Mayer wegen der Olympiavorbereitungen ebenso nicht zur Verfügung stehen wie der aktuell verletzte Filimon Abraham.
Dennoch werden die Deutschen Meisterschaften im Schwarzwald sehr gut besetzt sein, denn einschließlich der Masters haben sich 291 Berg- und Trailläufer gemeldet, darunter auch zahlreiche Topläufer, sodass mit spannenden Rennen am Samstag (20. April) gerechnet werden kann. Im ersten Rennen über 8,5 km wird die hochbegabte Julia Ehrle im Dress der LG farbtex Nordschwarzwald nicht nur ihren U20-Konkurrentinnen, sondern auch allen Masters (M50 und W50 und älter), darunter auch viele Medaillengewinner bei Welt- und Europameisterschaften, gehörig Beine machen. Im über 16 km führenden Rennen könnte es zum reizvollen Duell der aktuell besten Bergläufer Lukas Ehrle und Julius Ott kommen, fraglich ist dabei, ob der in den USA studierende Titelverteidiger Lukas Ehrle nach exzellenten Ergebnissen auf der Bahn mit neuen Bestzeiten von 14:06,06 (5000 m) und 29:09,48 (10.000 m) die beschwerliche Anreise in den Schwarzwald antreten darf.
Bei den Frauen ist in Abwesenheit der zuletzt dreimal erfolgreichen Laura Hottenrott ein eher offenes Rennen zu erwarten, wobei Hanna Gröber, Nina Völkel und die international für Frankreich startende Anais Sabrié die Favoritenrolle haben. Mit dabei ist nach langer Verletzungspause auch mit Stefanie Doll die Meisterin des Jahres 2018 oder die langjährigen Nationalmannschaftsläuferinnen Kerstin Bertsch und Anja Carlsohn. Offenbar hat Sabrina Mockenhaupt nach ihrem letztjährigen sechsten Rang overall in Bühlertal Gefallen am Berglauf gefunden, denn das inzwischen für die LAV Stadtwerke Tübingen startende einstige Langstreckenass ist für die W40 gemeldet – und kann im Verbund mit Hanna Gröber und Anais Sabrié auch deutsche Mannschaftsmeisterin werden.